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Restaurantkritik: Schulhaus am Zellberg

Inspiriert von seiner Heimat baut Stefan Geisler in seinem Schulhaus hoch am Zellberg mehrheitlich auf regionale Zutaten. Gerichte mit einer heimischen Geschichte – ein tägliches Stelldichein hochwertiger Zillertaler Produkte in seiner Küche. Eine lobenswerte Sache!

Bei Stefan Geisler haben stets heimische Zutaten den Vorrang. „Ich kaufe lieber konventionelle Lebensmittel aus der Region als Bio aus dem Ausland“, sagt der Koch im Gespräch. Und: Stimmen werden laut, dass regional essen ohnehin besser für die Gesundheit wäre. Der Vielfalt bioaktiver Stoffe in Pflanzen sei Dank. Ein kleiner Auszug an lokalen Herkunftsangaben der Schulhausküche: Topfen und Bio-Kälber vom Lengauhof. Forellen aus Schwendau. Obwohl sich diese Liste wohl noch reichlich ergänzen ließe, lassen wir das lokale Steckenpferd des Zillertalers so im Raum stehen.

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„Das Wort ‚regional‘ taugt mir eigentlich selber gar nicht so.“
Stefan Geisler, Schulhaus Zellerberg

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Im Restaurant auf 850 Meter Seehöhe setzt man auf total lokal, die Qualität geht aber immer vor. „Das Wort ‚regional‘ taugt mir eigentlich selber gar nicht so“, schmunzelt der Zellberger. „Das sagt zurzeit eh jeder.“ Regional ist aber keine Voraussetzung für den Dreißigjährigen beim Kauf von Lebensmitteln, „dann wären wir ja sehr eingeschränkt.“ Allenfalls sind diese aber vorzuziehen. „Wenn ich bei einer Bäuerin etwas bestelle, dann hört man im Hintergrund noch die Kuhglocken. Das gefällt mir einfach.“ Im Schulhaus wird zudem kompromisslos auf eine hohe Qualität der Gerichte hingearbeitet.

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Was nun aus der Küche kam

Drei Gänge oder drei Chancen auf voller Linie zu begeistern oder zu enttäuschen. Letzteres war zu beider Parteien Vorteil nicht der Fall, mit kleinen Abstrichen eine solide Küche über dem Durchschnitt. Nun die Gerichte im Detail. Als Vorspeise kam ein pochiertes Eigelb mit allerlei Zubehör auf den Teller. Das Selleriepüree machte den Anfang der Symphonie, die Zachlinge (Eierschwammerl/Pfifferlinge im Zillertal) verteilten sich sporadisch auf der Gemüsecreme. Kräutersalat, welcher fein mit hochwertigem Apfelessig abgeschmeckt war, und fein gehobelter Trüffel brachten einen frischen sowie erdigen Hauch in das Gericht. Komplettiert wurde die Vorspeise durch gepickelte Moosbeeren (Blaubeeren) – in dieser Form hatten wir diese auch noch nie gegessen – und einem leichten Pilzschaum.

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Hauptspeise: Zillertaler Surf & Turf. Was genau heißt: ein pochiertes Saiblingsfilet mit Kalbsbeuschel. Das Filet war noch schön saftig. Nicht mit Salz, Pfeffer oder Zitrone erschlagen – leicht und mit Eigengeschmack vom Saibling. Das Kalbsbeuschel harmonierte mit dem Fisch, der relativ starke Geschmack des Innereiengerichts wurde durch die Gnocchi angepasst. Geschmorte Toamten bringen eine gewisse Süße mit, der Schaum scheint Stefans Ding zu sein. Farbe brachte Rosmarin und Salbei. Ersteren hätte man unserer Meinung wegen den starken Aromen weglassen können. Aber wie Johann Wolfgang von Goethe schon sagte: „Das Essen soll zuerst das Auge erfreuen und dann den Magen.“

Den Abschluss bildete die Holunderblütencreme mit Erdbeeren und dem Sauerampfer-Kerbel-Eis. Klassisches Aromenspiel, Holunder und Erdbeere gehen miteinander immer gut. Dabei trat die Frucht in verschiedenen Konsistenzen auf: frisch, gefroren, als Gel und Blatt. Wobei das saure Eis die Süße der beiden wieder ein wenig neutralisierte. Ein spannender Aspekt waren die luftigen Schokoladenstücke. Die Karte wird je nach Saison verändert.

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Die goldene Mitte

Dieser Ausdruck gilt sowohl für den Essbereich wie auch für die Weinkarte. Zu ersterem später, zu letzterem gleich. Mehr als hundert Weine schmücken den Wienkeller des Schulhaus‘. Weiß-, Rot-, Schaum-, Rosé- und Süßweine sind vorhanden. Ob Reserve oder Klassik, Sortenrein oder Cuveé, 0,75 Liter oder Magnumflasche. Überwiegend österreichische Klassiker stehen auf der „Getränketafel“. Für uns als Österreich-Wein-Fanatiker aber kein größeres Problem. Highlight: die Zillertaler Bierspezialitäten. Auch die sind eine Probe wert.

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Zum Gästebereich und Konzept: Doch wieso eigentlich Schulhaus? Bis zum Jahr 1989 war hier die Volksschule von Zellberg. Zugegeben, an diesem Ort war aber nur immer eine Klasse. Und da die Schülerzahl sank, wurde die Schule geschlossen. Auf diesem historischen Boden errichtete Familie Geisler im Jahr 2000 das Gasthof Schulhaus. Passend zur Geschichte der Name. Und passend zur Geschichte das ganze Konzept: ein Notenheft als Speisekarte, Schulbänke beispielsweise im Kinderspielraum – wobei man sagen muss, dass im Essbereich eher mehr der Landhausstil mit viel warmem Holz sowie Grau- und Rottönen überwiegt. Etwa 50 Gäste finden Platz, somit lassen sich die Gerichte bei angenehmer Lautstärke genießen.

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Eine Empfehlung wert

Stefans Küche lockt eine breite Gästeschicht ins Lokal, die zeitgenössische Küche mit modernem Einschlag trifft den Geschmacksnerv der Gäste. Auch wenn sich das Restaurant im mittleren Preissegment befindet. „Ich stehe zu unserem Preis“, beschreibt er im Gespräch am Tisch. „Das ist ein Gesamtpaket. Die Gerichte, Gedeck, Getränke, Mitarbeiter. Die Qualität ist den Preis wert.“ Abstriche möchte er weder bei Küche noch beim Service machen, „auch ein unfreundlicher Service kann das beste Essen zunichtemachen.“

Weder Küche noch Service haben nach Minuspunkten verlangt, Stefans authentische Gerichte sind auf jeden Fall eine Empfehlung wert. Unser Fazit: bewusst lieber regional mit abwechslungsreichen und teils überraschenden Komponenten sowie einer eigenen Handschrift auf dem Teller. Handwerklich alles einwandfrei, unserer Meinung weit über dem Durchschnitt. Kein Schnickschnack, keine übertriebene Optik – einfach echter und solider Genuss in einem Landhausstil-Ambiente. Daher bleibt uns zum Schluss nur noch eines zu sagen: wir bitten um ein Supplément!

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Mehr Artikel findest du auf der Homepage.

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